Es ist wieder mal soweit: Das Fantasy Film Fest, das renommierteste Genrefilmfestival Deutschlands, startet einen seiner kleineren Saisonableger. Hier der erste Teil eines kleinen Überblicks über die Filme der White Nights.

Laissez bronzer les Cadavres

Eine exzentrische Künstlerin, ihr Liebhaber, ein Anwalt, eine Verbrecherbande, unerwarteter Besuch und zwei Polizisten. Diese Zusammenstellung bringen Hélène Cattet und Bruno Forzani (Amer) in ihrem neuesten Film zum Schwitzen, wenn es zu einem Goldraub mit folgendem Shootout der Extraklasse kommt. Wieder einmal bedienen die beiden sich an Giallo-Elementen und packen diese diesmal in ein Westernsetting, in dem die Spannung zu jeder Minute in der Luft liegt. Mit Ultranahaufnahmen, bizarren Rückblenden und zunehmender Verzerrung der Realität schaffen sie ein Filmerlebnis, das vor allem Sinneseindrücke einfängt. Gleichzeitig baut der Film vor allem in der ersten Hälfte eine ungeheure Spannung auf, die man so selten zu sehen bekommt. Stylisch, spannend und gleich ein erstes Highlight des Festivals!

Bewertung 8/10

 

Hostile

Irgendwo in der Postapokalypse: Die Überlebende Juliette fährt mit ihrem Truck durch die Wüste, auf der Suche nach verwertbaren Dingen. Es scheint eine Art Ausbruch gegeben zu haben, stetig ist sie auf der Hut vor den mysteriösen Monstern. Als sie dann einen Autounfall hat und nicht mehr von der Stelle kommt, geht das Grauen los- und zwar nicht nur auf der Handlungsebene. Was Mathieu Turi uns hier mit seinem Erstlingswerk anbietet, ist nämlich nicht viel mehr als ein Totalausfall. Das Setdesign mag für das geringe Budget noch ganz in Ordnung sein, aber fast alles andere ist ein Graus. Die nervige Hauptdarstellerin vermag keine Emotionen zu vermitteln, ihr in den größtenteils belanglosen und doch große Teile des Films einnehmenden Rückblenden vorkommender Freund, der ein wenig aussieht wie ein französischer Bradley Cooper, ist auch nicht viel besser. Die eigentlich Titelgebende Hostile-Situation wird kaum ausgenutzt, mit Logik braucht man es hier auch erst gar nicht zu versuchen. Und wäre das nicht schon schlimm genug, kommt Turi am Ende mit einem der nervigsten und am schlechtesten umgesetzten Twists seit Langem um die Ecke. Wie dieser Film auf diversen Festivals Preise holen konnte, bleibt wohl ein Rätsel.

Bewertung 2/10

 

A Beautiful Day

In Lynne Ramsays (We need to talk about Kevin) neuem Film A Beautiful Day geht es um den scheinbar eiskalten Joe (Joaquin Phoenix), der für eine private Organisation entführte Kinder rettet – schonungslos gegenüber den Entführern, sein Lieblingswerkzeug ist der Hammer. Doch nach und nach kommen auch Joes empfindliche Seiten zum Vorschein – ebenso wie einige dunkle Geheimnisse. Wieder einmal nähert sich Lynne Ramsay einem Tabuthema, in diesem Fall der Kinderprostitution, auf schonungslose Art und Weise. Gleichzeitig dekonstruiert sie mit Hilfe eines großartigen Joaquin Phoenix das Klischee des eiskalten Killers. A Beautiful Day ist spannend, toll gefilmt und hat einen großartigen Soundtrack. Ein Film, der unter die Haut geht und der beste Film des Festivals!

Bewertung 8/10

 

Ghost Stories

Ghost Stories beginnt vielversprechend.  In der Verfilmung ihres eigenen Theaterstücks hetzen die Briten Andy Nyman und Jeremy Dyson den professionellen Mythenaufklärer Phillip Goodman (Nyman selbst) auf drei gespenstische Fälle, die selbst sein großes Vorbild nicht lösen konnte. Diese Gruselgeschichten kommen zwar mit schönem britischem Charme daher, aber auch ohne wirklich eigene Ideen, viele Horrorklischees werden aneinandergereiht. Das verzeiht man im Hinblick auf die versprochene Aufklärung der Fälle, doch leider nimmt der Film dann doch eine andere Richtung und bleibt mit seinem Ende seiner Unoriginalität treu. Übrig bleibt ein mittelmäßiger Spukfilm, den man sich mal anschauen kann, aber auch nicht wirklich muss.

Bewertung 5/10

 

The Endless

Klingt (zumindest im Kontext eines Horrorfilms) nach einer schlechten Idee: Jahre nachdem die Brüder Justin und Aaron aus einem gefährlichen Kult entkommen sind, beschließen sie nach Erhalt eines mysteriösen Tapes, der Sekte mal wieder einen Besuch abzustatten. Doch was sich zu einem billigen Abklatsch von 80er-Horrorfilmen entwickeln könnte (siehe die letztjährige Festival-Enttäuschung The Void), entpuppt sich als charmantes Mysterydrama mit netten Ideen, das sich mehr für seine Figuren interessiert als für seine Twists und dabei gekonnt versteckt, wie wenig Sinn seine Story letztendlich eigentlich macht. Justin Benson und Aaron Moorhead überzeugen in den Hauptrollen ihres eigenen Films, den sie auch geschrieben und gefilmt haben, und liefern einen einzigartigen Film, der definitiv andere Wege einschlägt, als man erwarten würde.

Bewertung 7/10