Fatih Akins neuer Film Aus dem Nichts macht in letzter Zeit regelmäßig Schlagzeilen: Diane Krugers erste deutsche Rolle, ihr Gewinn der Schauspielerinnen-Palme in Cannes, die Einreichung des Films als deutscher Oscar-Anwärter. Ob der Film hält, was er verspricht, oder sich doch eher als großes Nichts entpuppt, versucht diese Kritik zu klären.
Eigentlich läuft alles gut für Katja Sekerci (Diane Kruger). Seit ihr Mann Nuri (Numan Acar) seine Gefängnisstrafe wegen Drogenhandel abgesessen hat, leben die beiden mit Sohn Rocco ein glückliches Leben. Doch dann explodiert eine Bombe vor Nuris Büro, er und Rocco sterben. Als herauskommt, dass Nazis hinter dem Anschlag stecken, beginnt für Katja ein Kampf um Gerechtigkeit…
Die Endkarte fasst es in Worte: Mit Aus dem Nichts will Akin die NSU-Morde verarbeiten, Kritik am Umgang des Rechtsstaats üben, ein Statement setzen. Doch was dieses Statement genau sein soll, das bleibt eher im Unklaren. Stattdessen fokussiert sich Akin eher auf die spezifische Story und das Schicksal der Katja Sekerci. Dabei verfolgt er ihren Umgang mit den Ereignissen in drei Kapiteln, die sich stark voneinander abgrenzen.
Kapitel 1 schmeißt den Zuschauer mitten ins Geschehen: Nach einer kurzen Einführung, die einem kaum erlaubt, zu den Opfern des Anschlages irgendeine Art von Bindung aufzubauen, lässt Akin auch schon nicht nur metaphorisch die Bombe platzen. Einzig an der wirklich sehr gut spielenden Kruger liegt es, dass man sich emotional doch ein wenig in den Film investiert. Katjas Trauer und der verzweifelte Versuch, mit der Situation umzugehen, all das wird von Kruger phänomenal vermittelt und von der Kamera gut eingefangen. Der Rest dieses Kapitels besteht leider aus eher belangloser Tatort-Polizeiarbeit und einem etwas klischeelastigem Ende. Zudem gibt es hier ein paar Stellen, an dem im Schnitt sehr seltsame Entscheidungen getroffen wurden.
In Kapitel 2 geht es dann endlich ein wenig zur Sache. Die Täter sind da! Kommt nun endlich die versprochene Verarbeitung der NSU-Morde? Jein. Zwar geht es um Nazis und eine Täterin hat auch sicherlich eine gewisse optische Ähnlichkeit mit Beate Zschäpe, aber das war es auch mit den Gemeinsamkeiten. Stattdessen sehen wir hier einen klassischen Gerichtsthriller, bei dem genauso gut auch andere Verrückte auf der Anklagebank hätten sitzen können. Auch hier gibt es schauspielerisch nichts zu meckern, Denis Moschitto spielt großartig als Anwalt und es gibt einen gelungenen Gastauftritt von Ulrich Tukur. Ansonsten aber bleibt der Film auch hier eher unspektakulär, um dann mit einem Paukenschlag zu enden, der den ein oder anderen wahrscheinlich denken lässt: Das ist nicht, wie der deutsche Rechtsstaat funktioniert.
Aber gut, dann muss der Film doch jetzt im dritten Kapitel die große Auflösung parat haben. Jetzt müssen wir doch mal erfahren, was Akin uns denn nun eigentlich sagen will. Zunächst einmal verfolgt er hier einen interessanten Ansatz. Gelungen lässt er den Zuschauer mitfiebern, was die Hauptfigur als nächstes vorhat. Viele interessante Möglichkeiten scheinen sich zu ergeben, die alle einiges aussagen würden. Der Schlusspunkt, für den Akin sich letztendlich aber entscheidet, drückt den Film nicht nur noch weiter von einem politischen Statement zu einem sehr spezifischen Persönlichkeitsdrama, sondern stellt durch die fehlende Verurteilung der Endszene auch noch moralisch sehr fragwürdige Thesen in den Raum.
Fazit
Leider schafft es Fatih Akin nicht, mit seinem neuen Film ein politisches Statement zu setzen. Aus dem Nichts ist viel zu unentschlossen, was es sein will, und wird deshalb nicht mehr als ein gut geschauspielertes Drama über einen persönlichen Verlust und den Umgang damit. Die Dreiteilung schadet dem ganzen eher, zumal kein Teil wirklich zu überzeugen weiß. Auf einen Oscar brauchen wir uns dieses Jahr auf jeden Fall keine Hoffnungen machen. Krugers Auszeichnung in Cannes geht allerdings definitiv in Ordnung und man darf gespannt sein, was von ihr in Zukunft noch kommen wird.
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